The Master & Zero Dark Thirty
The Master (Philip Seymour Hoffman) nimmt sich Zeit
für seinen neuen Schüler Freddie Quell (Joaquin Phoenix). Dieser irrt nach dem zweiten Weltkrieg, als ehemaliger Kriegssoldat in Japan, nun wieder zu Hause, mit aufgerissener Seele umher, sucht vergeblich Halt in Kurzzeit-Jobs, bei Frauen und in selbst gemixten „Geheimnissen“ aus seinem Flachmann. Am Tiefpunkt angelangt wird er vom Meister und dessen Familie aufgefangen und findet in Verhör – Gesprächen, die nach Regeln, wie nicht mit den Augen zu zwinkern, ablaufen, erste Erleichterung. Was den Meister von den Psychiatern davor – die alle an Freddie gescheitert sind – unterscheidet: Sein persönliches Interesse an diesem Mann. Ihn nämlich ganz für seine Sache  gewinnen – und seinen unbedingten Gehorsam bekommen zu wollen. Einerseits gibt Freddie das perfekte Opfer dafür ab, weil es ihm nicht gelingt seine Gefühle zu reflektieren, andererseits ist er zu eigenwillig. Das macht ihn zum begehrten Objekt für den Meister und diesen abhängig von ihm. Auch die Familie des Meisters spürt, wie ihr Oberhaupt durch das Rebellieren seines Schützlings ins Wanken gerät und ergreift Massnahmen dagegen.
Paul Thomas Anderson Film nimmt sich Zeit: Für lange Einstellungen. Für die Entwicklung der Figuren, um eine ganze Geschichte zu erzählen: Wie Abhängigkeiten unter Menschen entstehen und was mit einer Gemeinschaft passiert, die diese nicht erkennen will und davon nicht ablassen kann. Er lässt grossartige Schauspieler, während langer Improvisationen, ihr ganzes Talent entfalten. Joaquin Phoenix körperliche Präsenz geht dem Zuschauer schlicht unter die Haut. Philip Seymour Hoffmans Leistung, seiner Figur die richtige Mischung aus charismatischem Anführer, Folklore Cowboy und grobem Tolpatsch zu verleihen, ist unheimlich. Wenn zwei schauspielerische Kaliber wie Phoenix – Hoffman – Hoffmann – Phoenix  in einer wirklich gut erzählten Geschichte aufeinander treffen, entsteht wildes Kino. Bei dem jede Minute sichtbar wird, welch physischer Akt die Kunst des Schauspielens erfordert. Das sind zwei Grenzgänger, die weder sich selbst noch den anderen schonen. Und die Zuschauer schon gar nicht –
1950 spielt diese Geschichte und erzählt aus zeitlicher Distanz zu heute mehr über die Versehrungen eines Krieges, als Kathryn Bigelows Kriegsdrama Zero Dark Thirty, das in seinen besten Momenten gutes Unterhaltungskino ist. Bigelow will beides: Die Radikalität einer Frau, während ihrer Jagd auf Osama Bin Laden erzählen und zugleich die Sehgewohnheiten der Zuschauer nicht verunsichern. Da wird diese Jagd, wie beim fernsehen, Wohnzimmer – tauglich. Der Film dauert lange, ist spannend und hinterher bleibt nichts davon übrig. Weil er zu schnell über zu Vieles hinweg geht. Er erzählt eine mögliche Begebenheit äusserlich nach. Ausgenommen Jessica Chastains schauspielerische Leistung, die auch für sich alleine besteht.
Dagegen beunruhigt einen The Master noch lange danach.
Ariela Sarbacher

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